„Die Suche nach der Wahrheit und die Bemühungen um den Weltfrieden sind als Aufgaben geblieben“

„8. Mai 2015: 70 Jahre Kriegsende. Gegen das Vergessen, für den Frieden: Zeitzeugen berichten“

Neckargemünd. Auf die Idee zur Gedenkveranstaltung zum Kriegsende vor 70 Jahren hatte den CDU-Bundestagsabgeordneten Dr. Stephan Harbarth die Lobbacher Heimatforscherin Doris Ebert gebracht. Sie hatte ein ähnliches Projekt in ihrer Gemeinde initiiert, das Kinder und alte Menschen zusammenbrachte und in dem es ebenfalls um die wertvollen Erinnerungen der Senioren ging. Als Motto des Abends war „Gegen das Vergessen, für den Frieden“ gewählt worden und zu Wort kamen Zeitzeugen, die im Kindesalter das Ende des Krieges erlebt hatten. Durch ihre Schilderungen wurden die Bilder zum Ende des Zweiten Weltkrieges wieder lebendig. Dr. Günter Wüst, Doris Ebert und Roland Schilling sprachen stellvertretend für eine ganze Generation, die den Schrecken unmittelbar und lebensbedrohend erlebte. Eingeladen hatten die CDU-Ortsverbände in und um Neckargemünd gemeinsam.

Der Wunsch unter den Zuhörern war groß, ebenfalls über das Erlebte im Jahr 1945 zu berichten und so war der Abend angefüllt mit berührenden und schlimmen Geschichten. Dr. Wüst blickte über seine Erinnerungen hinaus: “Die Aufarbeitung des Krieges und der Naziherrschaft lässt Wünsche offen. Ein Mangel besteht schon deswegen, weil die Suche nach der Wahrheit und die Bemühungen um den Weltfrieden als Aufgaben geblieben sind.“ Er wie auch Roland Schilling wünschten sich als Ergebnis des Abends eine Ethik des Erinnerns.

Dr. Wüst stellte fest: „Das Morden hat nicht aufgehört.“ Er sah die Notwendigkeit im Blick zurück auf diese Geschehnisse, über alle Weltanschauungen hinaus ethische Normen in der Weltgemeinschaft zu verankern, die bei allen Völkern Beachtung finden. Ganz aus der Sicht des Kindes faszinierte Günther Wüst die Flugkunst der Piloten, die im Jahr 1944 die Tapetenfabrik angriffen und zielgerichtet hinunter stießen. Die Schreie einer Nachbarin rüttelten das Kind auf, das sich ganz arglos im Freien aufhielt und sich der Gefahr für sein Leben überhaupt nicht bewusst war. In eine nah gelegene Sandgrube war eine Bombe runter gegangen. Die Kinder machten sich auf, sie zu löschen. Nur ihn ließen sie nicht mitgehen, obwohl er schon eine Flasche mit Wasser gefüllt hatte, um die Bombe unschädlich zu machen. Dass der Aufenthalt im Freien zu diesem Zeitpunkt gefährlich war, kam ihm nicht in den Sinn. Die Bedrohung durch die Fluggeschwader begriff er, als die Mutter unterwegs mit den Kindern nach Gaiberg zu Verwandten beim Herannahen der Flieger die Kinder in den Straßengraben stieß und sich über sie warf.

Das Fallen der Brandbomben in Remscheid hat sich tief in das Gedächtnis von Doris Ebert eingeprägt. Sie wurde mit anderen Schülerinnen zu dieser Zeit in die Fabrik zur Akkordarbeit geschickt. Die Mädchen waren der Gefahr ohne Schutzraum ausgesetzt. Sie konnte sich an kleine aufgehängte Papierflecken dicht beschrieben erinnern, auf denen die Namen der Soldaten standen, die nicht mehr zurückkamen. Vom Bombenterror und den Flüchtlingstrecks aus dem Osten wusste auch die frühere Europaabgeordnete Diemut Theato zu berichten. Die guten Erfahrungen mit den westlichen Besatzungsmächten überwogen.

Roland Schilling las seinen Beitrag aus dem Buch „Unsere Schicksalsjahre 1944/45“, in dem die Geschichten von RNZ-Lesern gesammelt sind. Die Kinder schlossen schnell Freundschaft mit den amerikanischen Besatzern, die ihnen die erste Schokolade ihres Lebens schenkten. Der Bombenabwurf britischer Jagdbomber, die möglicherweise das Ziel des Munitionslagers in Siegelbach im Nebel verfehlten, fiel glücklicherweise auf die Felder daneben. Andernfalls wäre das 450-Seelen-Dorf Schönbrunn ausgelöscht gewesen.

In das Gedenken schloss Dr. Stephan Harbarth auch das Schicksal von über 10 Millionen Heimatvertriebenen mit ein, deren Lebensentwürfe durch den Krieg komplett zerstört wurden. Das Schlusswort sprach Klaus Rupp, Vorsitzender der CDU Bammental. (Text: Anna Haasemann-Dunka / Fotos: Matthias Busse)

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